Neujahrstradition des First-Footing in Schottland – 1. Januar

Den 1. Januar feiert die schottische, nordenglische und manxischen Folklore mit der Tradition des First-Foot bzw. First-Footing (schottisch-gälisch: ciad-chuairt, manx: quaaltagh/qualtagh). Wesentlich beschreibt dieser Brauch die erste Person, die am Neujahrstag das Haus betritt. Wie die meisten Neujahrsbräuche gilt dabei auch das First-Footing als Glücksbringer für das kommende Jahr. Grund genug, die Hintergründe im Kalender der kuriosen Feiertage aus aller Welt etwas genauer zu beleuchten.

Grüne Tür mit weißen Verzierungen in einem schlichten cremefarbenen Rahmen.
First-Footing in Schottland. Kuriose Feiertage – 1. Januar © 2025 Sven Giese – Bild 1

Wann ist First-Foot?

Da es sich beim First-Foot um eine Neujahrstradition handelt, fällt dieser Brauch in Schottland und Nordengland immer mit dem Neujahrstag, also dem 1. Januar, zusammen. Wer von Euch hier in Zukunft mitfeiern möchte, sollte sich folgende Wochentage für die kommenden Jahre im Kalender anstreichen:

JahrDatumWochentag
20251. JanuarMittwoch
20261. JanuarDonnerstag
20271. JanuarFreitag
20281. JanuarSamstag
20291. JanuarMontag
20301. JanuarDienstag
20311. JanuarMittwoch
20321. JanuarDonnerstag
20331. JanuarSamstag
20341. JanuarSonntag
20351. JanuarMontag

Wie feiert man das First-Footing?

In der Tradition des First-Footing wird die erste Person, die nach Beginn eines neuen Jahres das Haus eines Haushalts betritt, als Glücksbringer für das kommende Jahr angesehen. Siehe dazu exemplarisch auch den Beitrag zum 1. Januar als Tag des Glücksschweins in Deutschland.

Dabei darf diese Person aber niemand sein, der/die im Haus war, als es Mitternacht schlug; es muss jemand sein, der außerhalb des Hauses war und wieder hineingegangen ist. Es ist zulässig, dass sie ein Bewohner des Hauses ist. Das ist der Kerngedanke dieses Brauches. Wie immer gibt es aber regional sehr verschiedene Auffassungen über die Frage, wer oder was Glück bringt.

  • In manchen Gegenden wird ein großer, dunkelhaariger Mann als First-Foot gewünscht, während ein blonder Mann oder eine Frau als Unglücksbringer gelten. Hier greift die vermeintliche Vorstellung, dass blonde Fremde Eindringlinge der Wikinger sind.
  • Um Glück zu bringen, muss der/die First Footer normalerweise Geschenke mitbringen. Münzen stehen für finanziellen Wohlstand (primär Silber), Brot – wie Shortbread oder ein schwarzes Brötchen – steht für Nahrung, Salz für Geschmack, Kohle für Wärme, ein Immergrün für ein langes Leben und ein Getränk – in der Regel Whiskey – für fröhliche Stimmung. Siehe dazu auch den Beitrag zum Tag des Scotch (engl. National Scotch Day) am 27. Juli. Einen ähnlichen Ansatz des Mitbringen eines Geschenks verfolgt der parallel am 1. Januar gefeierte Verschenk-einen-Apfel-Tag (engl. Apple Gifting Day) in den USA.
  • In der schottischen Tradition des Tages folgt häufig ein Unterhaltungsprogramm. Das gemeinsame Singen von „Auld Lang Syne“ ist bei der Erstbegehung weitverbreitet. Siehe dazu auch den Beitrag zum schottischen Burns Supper oder Burns Night am 25. Januar.

Ähnliche Bräuche wie in Stotch und England gibt es in Schweden, Georgien, Vietnam und Griechenland, wo dieser Brauch unter dem Namen Pothariko firmiert.

Hausfassade mit grüner Tür, Fensterläden links und Fenstern mit Vorhängen rechts.
First-Footing in Schottland. Kuriose Feiertage – 1. Januar © 2025 Sven Giese – Bild 2

Wer hat die Tradition des First-Footing ins Leben gerufen?

Die genauen Ursprünge des First-Footing sind historisch nur schwer zu rekonstruieren.  Immerhin gehen die meisten Quellen aber davon aus, dass der Brauch der ersten Person, die den Haushalt an Neujahr durch die Tür betritt, einen Glücksbringer verkörpert, schottische Wurzeln hat.

Steve Roud, ein renommierter britischer Experte für Folklore und Aberglauben, weist in seinem Werk „The English Year. A month-by-month guide tot he nations customs and festivals, from may day to mischief night“ (Penguin 2006) aber auf eine deutlich weitere Verbreitung hin. So sei das First-Footing im 19. und 20. Jahrhundert in vielen Teilen Englands verbreitet gewesen. Tatsächlich finden sich ähnliche Bräuche aber auch in griechischen, vietnamesischen und georgischen Neujahrstraditionen. Roud gesteht den Schotten insofern aber einen Primat zu, als er diese Tradition primär im Norden Englands und der Nähe Schottlands verortet.

Eine häufig vertretene These formuliert hier eine mögliche Verbindung zur Invasion der Britischen Inseln durch die Wikinger, denn die Ankunft eines (blonden) Fremden vor der heimischen Tür sei der Anlass zu Angst und Schrecken gewesen. Siehe dazu auch den Beitrag zum Leif-Eriksson-Tag (engl. Leif Erikson Day) am 9. Oktober.

Belegt ist dies aber tatsächlich nicht. Dagegen spricht auch, dass sich – trotz der Verbreitung dieses Brauches – keine Hinweise auf das First-Footing vor der Wende zum 19. Jahrhundert nachweisen lassen. Selbst in Schottland ist weder die Redewendung noch einer der typischen Bräuche vor den 1850er Jahren dokumentiert. Insofern haben wir es hier mit einem ähnlichen Hintergrund oder historisierten Tradition wie bei den Raunächten oder Halloween zu tun, deren vermeintliche sehr alte Herkunft einer genaueren Betrachtung nicht standhält (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten).

Hilfreicher ist hier der Blick auf die historische Bedeutung von Weihnachten und Neujahr in Schottland und England unter dem Einfluss des Auseinanderdriftens der Religionen während der puritanischen Revolutionen des 17. Jahrhunderts. So verweist das Oxford Reference Dictionary of English Folklore von Jacqueline Simpson und Steve Roud darauf, dass der zunehmende Einfluss der „puritanischen“ protestantischen Sekten in weiten Teilen Europas zu einem zunehmenden Druck auf die kirchlichen, primär katholisch geprägten Feste führte. Exemplarisch nennt das Wörterbuch hier das Verbot des Weihnachtsfestes in England aus dem Jahr 1645. In der Restaurationszeit wurde Weihnachten wieder eingeführt, doch in Schottland setzte die Kirche zwischen 1688 und 1690 erneut ein Verbot durch. Dies führte dazu, dass England und Schottland unterschiedliche Wege einschlugen.

Bei solchen Verboten von Festen und Bräuchen lässt sich dann ein interessantes Phänomen beobachten. Im Alltag der Menschen verschiebt man Teile davon auf ein anderes Datum. Im vorliegenden Fall wurden die ursprünglichen Weihnachtstraditionen in Schottland zunehmend auf das weltliche Neujahrsfest verlegt. Diese Aspekte helfen sicherlich dabei, die Entstehung des First footing historisch einzuordnen, sie begründen aber weiterhin nicht final die Herkunft der typischen Bräuche.

Kohle bringen, an die Türen klopfen, gemeinsam das Lied Auld Lang Syne singen – all dies erinnert stark an die überlieferten Traditionen des keltischen Neujahrsfest Samhain. Auch dort sammelte man Brennmaterial, zog singend von Tür zu Tür, um Lebensmittel zu erbitten, und entzündete ein rituelles Feuer, um den Übergang in eine neue Welt zu feiern. Aber: Einzelheiten zu den Neujahrsfeiern im Mittelalter sind nur lückenhaft überliefert. Immerhin gibt es Hinweise auf ein großes vorchristliches Fest zur Wintersonnenwende, das den Beginn des neuen Jahres markierte. Diese Feierlichkeiten sind im angelsächsischen, wikingerzeitlichen und walisischen Erbe nachweisbar, doch was genau damals geschah, bleibt umstritten.

Aus kirchlichen Verurteilungen lässt sich jedoch schließen, dass sich die Menschen oft so verhielten, dass es den kirchlichen Vorstellungen widersprach. Die oberen Gesellschaftsschichten feierten Neujahr, obwohl die Tradition der „Zwölf Weihnachtstage“ damals stark verbreitet war. Das macht es schwierig, Weihnachten und Neujahr klar voneinander abzugrenzen. Siehe dazu auch den Beitrag zum irischen Nollaig na mBan – Women’s Christmas oder Little Christmas am 6. Januar.

Rote Holztür mit dekorativen Säulen und schwarzen Laternen an einer weißen Wand.
First-Footing in Schottland. Kuriose Feiertage – 1. Januar © 2025 Sven Giese – Bild 3

Wer hier noch nach weiteren kalendarischen Alternativen sucht, der/die kann den 1. Januar auch als Tag des Buchstaben Z (engl. Z-Day), als Bonza-Bottler-Day oder als Bloody-Mary-Tag (engl. National Bloody Mary Day) feiern. Nicht zu vergessen, den US-amerikanischen Katertag (engl. National Hangover Day) und Pizza dagen in Schweden.

In diesem Sinne, Euch allen ein frohes neues Jahr und ein entspanntes, hoffentlich glücksbringendes First-Footing.

Egal, ob in Schottland, in Deutschland oder sonst wo auf der Welt. :)

Weitere Informationen und Quellen zur Tradition des First-Footing am 1. Januar