Tag der Frau Holle in Europa – oder: das Ende der Rauhnächte am 6. Januar

Mit der Nacht vom 5. auf den 6. Januar endet die Zeit der Rauhnächte. In vielen mittleren Regionen Deutschland bezeichnet man dieses Datum auch als den Tag der Frau Holle. Grund genug, die Geschichte hinter diesem Anlass mit den folgenden Zeilen aus dem Kalender der kuriosen Feiertage aus aller Welt etwas näher zu beleuchten. Worum geht es dabei?

Tag der Frau Holle oder: das Ende der Rauhnächte am 6. Januar. Kuriose Feiertage - 6. Januar © 2021 Sven Giese - Bild 1
Tag der Frau Holle oder: das Ende der Rauhnächte am 6. Januar. Kuriose Feiertage – 6. Januar © 2021 Sven Giese – Bild 1

Wann ist der Frau-Holle-Tag?

Der Frau-Holle-Tag fällt traditionell auf den 6. Januar und bezeichnet mit dem Übergang der Nacht vom 5. Januar das Ende der sogenannten Rauhnächte. Damit fällt der Tag der Frau Holle in den kommenden Jahren auf die folgenden Wochentage:

JahrDatumWochentag
20226. JanuarDonnerstag
20236. JanuarFreitag
20246. JanuarSamstag
20256. JanuarMontag
20266. JanuarDienstag
20276. JanuarMittwoch
20286. JanuarDonnerstag
20296. JanuarSamstag
20306. JanuarSonntag
20316. JanuarMontag
20326. JanuarDienstag
20336. JanuarDonnerstag

Was sind die Rauhnächte?

Die Rauhnächte (oder auch: Raunächte bzw. Rauchnächte) sind im Volksglauben der relativ fest definierte Zeitraum zwischen der Wintersonnenwende am 21. Dezember (in vielen Regionen allerdings auch erst ab dem 24. Dezember) und dem 6. Januar. Mit dem Tag der Frau Holle endet diese Zwischenzeit und das neue Jahr kann sich endgültig entfalten (siehe dazu auch den Beitrag zum Beginn der Rauhnächte am 21. oder 24. Dezember).

Einige Lesarten sehen in der zwölftägigen Dauer eine Referenz an die zwölf Monate des Jahres. Wahrscheinlicher ist aber eine andere Begründung. Denn die Rede von der Zeit „Zwischen den Jahren“ ergibt sich primär aus dem ursprünglichen Unterschied zwischen Sonnen- und Mondkalender. So ist das wesentlich ältere Mondjahr ca. zwölf Tage kürzer als das Sonnenjahr und diese Differenz gilt in vielen Traditionen als eine Art Zwischenzeit, in der spezielle Regeln gelten (siehe dazu auch den Beitrag zu Silvester als letzten Tag des Jahres).

Diese bedingen sich durch die Perchta und ihre wilde Jagd, die in den Raunächten durch die Gegend ziehen und die Menschen in ihre Häuser zwingen. Wehe dem, der schwere Arbeit verrichtet, die Wäsche macht oder den Haushalt nicht in Ordnung gebracht hat – die Perchta und die wilde Jagd strafen sofort. Vor diesem Hintergrund dienen die zwölf Tage zwischen den Jahren nicht nur zum Selbstschutz, sondern auch der Besinnung, Buße und Ruhe.

Der Rekurs auf den Schutz vor Geistern und Dämonen zeigt, dass die Zeit zwischen den Jahren auch eine gewisse Durchlässigkeit der Grenzen zwischen der Welt der Menschen und der Geisterwelt darstellt. Nicht wenige Interpreten sehen hierin aber auch eine symbolische Auflehnung bzw. den Konflikt zwischen den tradierten Weltanschauungen der Naturreligionen und der Moderne (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten sowie den Beitrag zur Tradition der Walpurgisnacht am 30. April).

Etymologisch stellt der Begriff Raunacht eine Referenz an den – nach wie vor praktizierten – Brauch des Ausräucherns zum Schutz vor bösen Geistern während dieser Zeitspanne dar. Eine alternative Lesart, so der österreichische Kulturhistoriker und Philosoph Thomas Macho im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, leitet sich sehr wahrscheinlich aus den alten germanischen Sprachen ab. Hier verweisen die Bedeutungen rau, pelzig oder fellartig auf Dämonen und Geisterwesen, die in den Nächten dieser Zeit ihr Unwesen treiben (siehe dazu auch die Liste weiterführender Links unten sowie die anderen Beiträge aus dem Kalender der Grusel-Feiertage).

Wer ist Frau Holle?

Die meisten Leute dürften mit der Figur der Frau Holle das gleichnamige Märchen der Gebrüder Grimm in Verbindung bringen. Frau Holle schüttelt schneiende Betten, belohnt die fleißige Goldmarie und bestraft die faule Pechmarie. Selbst Kinder verstehen die hier verteilten Rollen und die Moral der Geschichte sofort. Vor dem Hintergrund der vorherigen Ausführungen zu den Raunächten ergeben sich aber weitere Parallelen (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten sowie den Beitrag zum in Deutschland begangenen Waldmännchentag am 2. Januar).

Wie bei einem Großteil der von den Gebrüdern Grimm gesammelten Märchen liegen die Wurzeln der Geschichte und ihrer Figuren im Bereich der lokalen Mythen und Sagen. Die Sagengestalt der Frau Holle gilt im Sprachraum der nieder- und mitteldeutschen Dialekte als himmel- und erdumspannende Muttergöttin. Je nach Region firmiert sie auch unter den Namen Hel, Holla oder Holda, regiert aber immer über die Jahreszeiten und fungiert vor allem als weise und heilende Schutzgöttin von Natur, Haus und Hof. Wie im Märchen verfügt die Figur der Frau Holle allerdings auch über eine dunkle, strafende Seite, die für die Betroffenen ernste Konsequenzen haben kann (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten).

Frau Holle und Frau Percht

Aufgrund dieser Eigenschaften sehen viele Interpreten eine direkte Verbindung zur Gestalt der Perchta bzw. Frau Percht aus dem ostoberdeutschen Sprachgebiet. Die meisten Forschungen zu diesem Thema gehen davon aus, dass es sich – trotz kaum vorhandener Überschneidungen zwischen dem Percht- und dem Holle-Gebiet – um dieselbe Sagengestalt handelt. Diese soll in verschiedenen lokalen Traditionen aus der Assimilation keltischer Einflüsse und der nordischen Göttin Frigg entstanden sein.

Beide Figuren teilen sich mit dem 6. Januar einen gemeinsamen Ehrentag, der im Christentum als Epiphanias bzw. Dreikönigstag oder alemannisches Hochneujahr auftaucht. Siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten sowie den Beitrag zum La Befana in Italien, das ebenfalls auf den 6. Januar fällt.

Die Bedeutung des 6. Januar im Kontext der Sagengestalt Frau Holle

Als Hüterin der Jahreszeiten durchläuft die Sagengestalt der Frau Holle einen jährlichen Wandel, der diese symbolisch mit den verschiedenen Lebensphasen des Menschen bzw. der Frau verknüpft:

  • Im Frühling tritt sie als zarte, weiße Jungfrau auf, deren Licht die Natur erhellt (siehe dazu auch den Beitrag zum US-amerikanischen Tag der Fruchtbarkeitsgöttin (engl. Goddess of Fertility Day) am 18. März).
  • Im Sommer wandelt sie sich dann zur roten, fruchtbaren Göttin oder erwachsenen Frau, die selbst Leben hervorbringen kann.
  • Erst ab dem Spätherbst sammelt sie ihre Kräfte und entwickelt sich zu einer weisen, alten Frau. Passend zur dunklen Jahreszeit schreibt der Volksglaube ihr hier die Farbe Schwarz zu.

Mit dem 6. Januar endet der Zyklus und ein neuer beginnt. Zu diesem Neubeginn zeigt sich Frau Holle dann auch in ihrer dreifachen Gestalt: als Jungfrau, als erwachsene Frau und als weise Alte.

Tag der Frau Holle oder: das Ende der Rauhnächte am 6. Januar. Kuriose Feiertage - 6. Januar © 2021 Sven Giese - Bild 2
Tag der Frau Holle oder: das Ende der Rauhnächte am 6. Januar. Kuriose Feiertage – 6. Januar © 2021 Sven Giese – Bild 2

Aberglaube, Traditionen und Rituale zum Frau-Holle-Tag am 6. Januar

Vor dem Hintergrund der vorherigen Ausführungen hat sich am 6. Januar eine ganze Reihe an Traditionen und Ritualen entwickelt, die ihren Ursprung sicherlich auch im Brauchtum rund um die Figur der Frau Holle haben.

  • Traditionell gilt der 6. Januar als das Datum, an dem die immergrünen Zweige und die Weihnachtsdekorationen abgebaut werden. Siehe dazu auch die Beiträge zum parallel in den USA gefeierten National Take Down the Christmas Tree Day (dt. Bau-den-Weihnachtsbaum-ab-Tag) und dem irischen Women’s Christmas (alternativ auch: Little Christmas oder Little Women’s Christmas – irisch: Nollaig na mBan – dt. Weihnachtsfest der Frauen).
  • In vielen Kirchengemeinden weihen Priester Wasser, Salz und Kreide als Schutz für Menschen und Vieh.
  • Eine alte Bauernregel besagt: Scheint am Dreikönigstag die Sonne, gibt es Frieden im kommenden Jahr.
  • In eine ähnliche Richtung deutet die Bewertung des sogenannten Dreikönigswindes. Er gilt als Glücksbringer und gutes Omen, dem um Mitternacht, also zum Beginn des Frau-Holle-Tages, Türen und Fenster geöffnet werden.
  • Diesen Schutz können auch Reisende und Wanderer für eine sichere Reise am 6. Januar empfangen. Dazu sollen sie die Namen der Drei Könige auf drei Zettel schreiben und sie in der Kniekehle befestigen. Der Spruch: „Die drei Könige sind meine Weggesellen“ rundet diese Form der Reiseversicherung ab (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten).

Wer von Euch nichts mit der Frau Holle am Hut hat, kann den 6. Januar alternativ auch als US-amerikanischen Tag des Apfelbaums (engl. National Apple Tree Day) oder als Tag des schottischen Shortbread (engl. National Shortbread Day) begehen. Kulinarische Abwechslung bieten der Tag der Bohne (engl. National Bean Day) und der Tag des Kuschelns (engl. Cuddle Up Day).

In diesem Sinne. Euch allen einen tollen Tag der Frau Holle.

Egal, ob in Deutschland, im Märchenland oder sonst wo auf der Welt. :)

Weitere Informationen und Quellen zum Tag der Frau Holle am 6. Januar