Freidenker-Tag – der US-amerikanische Freethought Day am 12. Oktober

Freidenker, Anhänger des Säkularismus, Humanisten und Atheisten in den USA feiern den 12. Oktober traditionell als Freethought Day (alternativ auch: Freethought „Coming Out“ Day – dt. Tag der Freidenker). Dieser Gedenktag erinnert an das Ende der Salemer Hexenprozesse und bildet zugleich den Auftakt zum Oktober als Month of Freethought bzw. der Freethought Week. Grund genug, die Geschichte dieses Anlasses auch im Kalender der kuriosen Feiertage aus aller Welt zu erzählen. Worum geht es dabei?

Freethought Day - Freidenker-Tag in den USA. Kuriose Feiertage - 12. Oktober © 2021 Sven Giese
Freethought Day – Freidenker-Tag in den USA. Kuriose Feiertage – 12. Oktober © 2021 Sven Giese.

Wann ist Tag der Freidenker?

Seit 1997 feiern viele Städte und Bundesstaaten der USA den Tag der Freidenker (engl. Freethought Day – alternativ auch: Freethought „Coming Out“ Day) immer am 12. Oktober. Dieser säkulare Gedenktag ist nicht mit dem Feethinkers Day am 29. Januar zu verwechseln, den die Vereinigten Staaten zu Ehren des Geburtstags von Thomas Paine (1737 – 1809) begehen.

Wer hat den Freethought Day ins Leben gerufen?

Die meisten vorhandenen Quellen verweisen auf eine ganze Reihe von US-amerikanischen Freidenker-Organisationen, die hinter der Initiative für den National Freethought Day stehen. Namentlich sind dies u.a. die Freethought Society, die American Humanist Association, die Secular Coalition For America und noch einige andere. Zu den größten Veranstaltungen gehört der seit 2002 veranstaltete California Freethought Day in Sacramento (alternativ auch: Sacramento Freethought Event), der als öffentlich zugängliches Open Air-Event zu landesweiter Bekanntheit gelangte (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten).

Weshalb fällt der Freidenker-Tag auf den 12. Oktober?

Die Wahl des 12. Oktober als Termin des US-amerikanischen Freidenker-Tages hat eine konkrete historische Begründung.-So ist dieser Termin eine Referenz an das Ende der Hexenprozesse von Salem (engl. Salem Witch Trials) aus dem Jahr 1692. Insofern kann man es auch als Ironie der Geschichte lesen, dass dieser Anlass auf dasselbe Datum wie der internationale Tag der Frustrationsschreie (engl. International Moment of Frustration Scream Day) fällt.

Was waren die Hexenprozesse von Salem?

Die Prozesse in den Neuengland-Provinzen gelten als Auftakt der US-amerikanischen Hexenverfolgung, die in den Kolonien der Neuen Welt bis zu diesem Zeitpunkt nur vereinzelt vorkam. Mit verheerenden Folgen für die Beschuldigten: Im Verlauf der Salem Witch Trials wurden 200 Personen der Hexerei bezichtigt, von denen 150 inhaftiert, 55 unter Folter zu Falschaussagen vor Gericht und 20 hingerichtet wurden. Die Hexenprozesse endeten im Januar 1693 (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten sowie den Beitrag zur Walpurgisnacht in der Nacht zum 1. Mai).

William Phips und die Bedeutung des 12. Oktober 1692

Obwohl der 12. Oktober 1692 nicht das faktische Ende der Prozesse markiert, spielt dieser Termin aus Sicht des säkularen Freidenkertums eine entscheidende Rolle. Denn an diesem Tag schrieb William Phips, Gouverneur der Provinz Massachusetts Bay an das britische Königshaus, dass die Salemer Prozesse nur mit Aberglauben und Gespenstergeschichten argumentierten und daher jegliche Glaubwürdigkeit verloren hätten. Siehe dazu auch den Beitrag zum US-amerikanischen Wider-dem-Aberglauben-Tag (engl. National Defy Superstition Day) am 13. September.

Phips bezog sich hier auf die vermeintlichen Zeugenaussagen, die vor Gericht behaupteten, sie hätten die Angeklagten mit dem Teufel persönlich oder anderen Geistern und Dämonen beobachtet. Der Gouverneur entschied, dass diese Art von „Beweisen“ unhaltbar sei. Zum Zeitpunkt von Phips Schreiben waren bereits über 20 Menschen, hauptsächlich Frauen, wegen Hexerei hingerichtet worden, sein Protest rettete zahlreichen weiteren Menschen das Leben. Mit dem Stopp der Hinrichtungen siegten Vernunft und Logik über den Aberglauben (siehe dazu auch den Beitrag zum US-amerikanischen National Day of Reason (dt. Tag der Vernunft) am jeweils ersten Donnerstag im Mai).

Dies deckt sich auch mit den Bestrebungen einer Reihe Geistlicher aus Boston, die unter der Führung des puritanischen Priesters Increase Mather bereits am 3. Oktober 1692 ihren Einspruch „Cases of Conscience Concerning Evil Spirits“ gegen diese Scheinprozesse eingelegt hatten. Im Gegensatz zu Phips bezog sich die Gruppe um Mather aber primär auf eine ethische Argumentation. Nach dieser sei es besser, zehn verdächtigte Hexen entkommen zu lassen, als nur eine unschuldige Person zu verurteilen (siehe dazu auch die Liste der weiterführenden Links unten).

Ziele und Intention: Worum geht es beim Freethought Day?

Ein primäres Ziel des Freethought Day lautet, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sich auch Atheisten, Freidenker und Humanisten für ein gesellschaftliches Engagement und Familienfreundlichkeit einsetzen. Ein Umstand, der angesichts der Berufung auf die Trennung von Kirche und Staat, den ersten Verfassungszusatz, Wissenschaft, Vernunft und Fortschritt zunächst evident erscheint, angesichts der christlich-fundamentalen Strömungen in den Vereinigten Staaten aber nicht verwundert. Denn die behaupten immer noch das Gegenteil (siehe dazu auch den Beitrag zum internationalen Darwin-Tag (engl. Darwin Day) am 12. Februar). Vor diesem Hintergrund wird auch klar, weshalb einige Gruppen diesen Aktionstag als Freethought Coming out Day begehen.

In diesem Sinne, Euch allen einen entspannten Freidenker-Tag.

Egal, ob in den Vereinigten Staaten, in Deutschland oder sonst wo auf der Welt. :)

Weitere Informationen und Quellen zum US-amerikanischen Freidenker-Tag am 12. Oktober